25 Jahre Klärle GmbH

Die etwas andere Firmengeschichte

So dicht gepackt wie auf dem ehemaligen landwirtschaftlichen Hofgelände mitten im kleinen Weikersheimer Teilort Schäftersheim sind innovative Nachhaltigkeitsideen nur selten zu finden: Auf einem Dachfirst dreht sich eine Windwalze, Dachflächen generieren Solarenergie, im Hof kommt nicht mehr Wasser, sondern Wärme aus dem Brunnen.
Strom und Wärme für die 500 Quadratmeter Gewerbefläche und die 200 Quadratmeter Wohnfläche produziert der Plusenergie-Hof8 auch dank feinst durchdachter Isolierung mehr als genug: Satte 45.000 Kilowattstunden Energieüberschuss auf der Basis regenerativer Erzeugung pro Jahr! Die Plus-Energie-kWh verwandeln sich an den Stromtankstellen in Mobilität – nicht nur für die rund 30 überwiegend elektromobilen Hof8ler, sondern auch für alle, die die das hier entwickelte elektromobile Car- und ManSharing-Modellprojekt „SmarteKarre“ nutzen.
Oft herrscht auf dem Plusenergie-Hof8 emsiges Treiben: neben den E-Autos parken Kinderwagen und Rollatoren auf dem kreativ entwickelten Mischgebiet-Areal, auf dem nicht nur hoch qualifizierte Arbeit wohnortnah geleistet wird, sondern sich dank des Mehrgenerationen-Wohnbereichs auch Jung und Alt die Hand reichen. Wer so gestaltet, muss sich nicht über anhaltenden Preisregen wundern: Preise gab es etwa fürs beispielhafte Bauen, die gebäudeintegrierte Solartechnik, Nachhaltigkeit, für Demographie-Exzellenz, soziale Verantwortung und die Smarte KARRE.

 

All das trägt eine Handschrift: die von Martina Klärle, die vor 25 Jahren im nur acht Quadratmeter kleinen Keller des Privathauses ihr Ingenieur- und Planungsbüro gründete. Beste Startchancen waren ihr dabei nicht gerade in die Wiege gelegt: Als siebtes Kind, als Mädchen dazu, auf dem Land das Licht der Welt zu erblicken, zusätzlich mit dem Handicap Rechtschreibschwäche geschlagen, macht es nicht gerade wahrscheinlich, als Professorin, Vizepräsidentin einer großen Hochschule in Frankfurt, langjährige Direktorin eines Forschungsinstituts sowie Gründerin und Treiberin eines erfolgreichen Ingenieurbüros mit kaum noch zählbaren Preisen ausgezeichnet zu werden.

Ihr Büro gründete die Vermessungsingenieurin, die damals an der Uni Osnabrück auf ihren Master in Umweltmonitoring hinarbeitete, um den Auftrag zur Erstellung des neuen Flächennutzungsplans für Weikersheim übernehmen zu können. Sie setzte auf neueste wissenschaftliche Methoden: geographische Informationssysteme waren neben Raumplanung, Umweltmonitoring und Städtebau einer ihrer Studienschwerpunkte. Die heutige Professorin für Landmanagement an der Frankfurt University of Applied Sciences ist dem damaligen Weikersheimer Bürgermeister Horst Häfner immer noch dankbar, dass er ihr als 28jähriger Studentin 1996 die Aufgabe anvertraute.
Immerhin: man kannte sich. Die ehemalige Mergentheimer Realschülerin hatte nach der Ausbildung zur Vermessungstechnikerin Bauleitplanungen und Flurbereinigungen bei der Bayerischen Landessiedlung in Würzburg betreut, die Fachhochschulreife nachgeholt, dann an der FH in Würzburg Vermessungswesen mit den Schwerpunkten Photogrammetrie und Bauleitplanung studiert und anschließend als Vermessungsingenieurin im Heimatort bereits einige Aufträge für die Kommune bearbeitet.

 

Das kleine Büro wuchs, erste Mitarbeiterinnen fanden in weiteren Kellerräumen Platz. Parallel engagierte die Würzburger FH die Fachfrau für Lehraufträge – und ermutigte sie zur Promotion. Die folgte dann auch 2000 zur Prozessorientierung der kommunalen Flächennutzungsplanung mittels GIS-gestütztem Informationsmanagement am Institut für Umweltwissenschaften der Universität Vechta. Basis: Der Weikersheimer Flächennutzungsplan.
Mit der 2004 erfolgten Berufung zur Professorin für Geoinformation an die Fachhochschule Osnabrück, 2010 als Professorin für Landmanagement an die Frankfurt University of Applied Sciences stieg Martina Klärle endgültig nicht nur in die Forschung und Entwicklung innovativer GIS-Nutzungen ein, sondern nutzte auch das 2005 in die ehemalige Schäftersheimer Schule umgezogene Büro als eine Art Turbo-Trafo, um neueste wissenschaftliche Erkenntnisse unmittelbar vom ländlichen Standort aus umzusetzen.

Die Bindung an die ländliche Heimat – „das Ingenieurbüro und die Familie sind die Konstanten“ – spiegelt sich auch in Klärles Forschungsthemen. Sie setzt alles daran, im ländlichen Raum Chancen zu erkennen, zu nutzen und für sie zu werben, ohne in den nicht urbanen Regionen der Natur und gewachsenen Werten zu schaden. So setzte sie sich und ihr Büro mit viel persönlichem Engagement für die Bewerbung der kleinen Creglinger Teilgemeinde Münster als baden-württembergisches Modellprojekt für flächensparende Innenentwicklung MELAP ein, die im Ort einen Entwicklungsschub auslöste. Aus den MELAP-Erfahrungen entwickelte die Klärle-Gesellschaft den Leitfaden „DorfKOMM!“. Als für Stadt und Land gleichermaßen hilfreich erweist sich das GIS-Projekt „ErneuerbarKOMM!“, das dank cleverer Nutzung von Befliegungsdaten und Informatik-Knowhow am Online-Rechner Energiemix-Varianten anschaulich macht und so Verwaltungen und Bürgerschaften ganz neue Entscheidungsgrundlagen erschließt. Anhand des Dächer und Freiflächen umfassenden Solarkatasters SUN-AREA und des auf Wind- und Laserscan-Daten basierenden Windkatasters WIND-AREA bietet die Klärle – Gesellschaft für Landmanagement und Umwelt mbH exakte Aussagen über gesellschaftlich und wirtschaftlich optimale Standorte für Solar- und auch stadttaugliche kleine Windkraftanlagen, GREEN-AREA liefert standortgenaue Empfehlungen für Gründachanlagen bis hin zur passenden Bepflanzungsmischung.

Nur selten greifen Forschung und Realisierung, Fördermittelnutzung und Politikberatung so reibungslos ineinander wie in der Klärle-Gesellschaft. Das Klärle-Erfolgsgeheimnis? Neben ihrem Ehrgeiz, ihrer mit enormem Fleiß gepaarten Wissbegier und ihrem Vernetzungstalent ist es das Team, das Martina Klärle gekonnt zusammengeführt hat: Mitten im Dorf rauchen 17 Köpfe in Voll- und Teilzeit für Landmanagement und Umwelt, für Kommunen, Kreise, Ämter und Behörden, kümmern sich um Kommunal- und Umweltplanung, flächensparende Dorf- und Stadtentwicklung, um passgenaue Integration erneuerbarer Energien ins jeweilige Umfeld und, und, und. Martina Klärle betont: „Hierarchie gibt es nicht in diesem Team. Das gilt für alle. Hier sind im Sinn der Kunden im Zweifelsfall alle für alles verantwortlich.“ Kunden – Kommunen, Landkreise, Ämter und Behörden merken schnell, dass sie immer einen Ansprechpartner finden, der sich um ihre Belange kümmert, ganz gleich, ob es um Fragen der Kommunal- oder Umweltplanung, um Erneuerbare Energien oder auch um das Car- und ManSharing-Modellprojekt „SmarteKarre“ geht. Das Team IST Klärle, in allen Facetten, auch wenn sich die Gründerin und weiter am operativen Geschäft beteiligte Gesellschafterin 2012 zugunsten der Professur in Frankfurt aus der Geschäftsführung zurückzog.

Ihre Firmenphilosophie lebt das Team unter der Geschäftsführung von Melanie Eisner, Joachim Ettwein und Marion Schmieg weiter. Drei GeschäftsführerInnen – davon auch noch zwei in Teilzeit – für nicht mal zwanzig Köpfe? Das funktioniert: Der Diplom-Geograph Joachim Ettwein betreut die Bereiche Bauleitplanung, Umwelt- und Landschaftsplanung sowie Erneuerbare Energien, die Vermessungstechnikerin Marion Schmieg ist für die Geoinformatik sowie Bauleitplanungs- und Innenentwicklungsprojekte zuständig und betreut im Unternehmen Ausbildung und Studium, M.Sc. (Master of Science) Melanie Eisner leitet Projekte der Bauleitplanung sowie der städtischen und innerörtlichen Entwicklung. Zum Team gehören neben der Ingenieurin für Umweltwissenschaften, Geodäsie und Landmanagement aktuell drei GeographInnen, drei Vermessungstechnikerinnen, je eine GIS-Spezialistin und eine Bautechnikerin, zwei Landschaftsplanerinnen, eine Landespflegerin, zwei Kauffrauen, ein Betriebswirt, ein Ornithologiefachmann und ein Student in der dualen Geovisualisierungs-Ausbildung, sämtlich in der Region verwurzelt oder zumindest heimisch geworden.

Letzteres verwundert Martina Klärle wenig, denn E-mobil und mit der Bahn gelingt ihr persönlich der Stadt-Land-Spagat scheinbar ebenso spielend wie der zwischen Familie und Unternehmen: Home-Office, flexible Arbeitszeiten, Unterstützung für die Kinderbetreuung und Mut machende Aktivitäten insbesondere für junge Mütter waren in der Klärle GmbH schon lange vor CORONA eine Maxime, was dem Unternehmen – ganz nebenbei – den Zukunftspreis des Main-Tauber-Kreises in der Kategorie „Familienfreundlicher Betrieb“ und die Bundesauszeichnung als „Ort der Ideen“ einbrachte. Man darf gespannt sein, welche Ideen hier in Zukunft noch sprießen werden…